Review | 12×02 | Spyfall – Part Two

Doctor Who

“Spyfall – Part Two”


Erstausstrahlung DE:
Erstausstrahlung UK: 05. Januar 2020

Drehbuch: Chris Chibnall
Regie: Lee Haven Jones
Produktion: Chris Chibnall, Matt Strevens, Sam Hoyle, Alex Mercer

Der Doktor: Jodie Whittaker
Graham O’Brien: Bradley Walsh
Ryan Sinclair: Tosin Cole
Yasmin Khan: Mandip Gill


Da auf der ganzen Welt Geheimagenten von Außerirdischen angegriffen werden, wendet sich der MI6 an die einzigen Personen, die helfen können – den Doktor und ihre Freunde! Während das Team rund um den Globus nach Antworten sucht, wird es von allen Seiten angegriffen. Die Sicherheit der Erde liegt auf ihren Schultern – aber wohin wird sie diese Verschwörung, welche den gesamten Planeten gefährdet, führen?


So langsam wird es echt schwierig, die Who-Geschichten zusammenzufassen, ohne – zwangsweise! – in einen Blog mit weißen Gummiwänden getragen zu werden. Okaaay: Diesmal geht es um drei Zeitebenen, per Handy-App gestoppte Flugzeugabstürze, den Master als Nazi, geniale Frauen als ohne Charakter, die menschliche DNA als gigantisches Speichervehikel (in das trotzdem nicht die Motive des Industriellen passen würden, da zu KLEIN) und deprimierende Deppendialoge zwischen dunklen Kulissen.

Inhalt: Der Doctor steckt für eine Minute im Neuronen-Wald fest, bevor Ada Lovelace (Kollegin des Computer-Pioniers Charles Babbage) sie dort rausholt. Während der Master sich darüber dolle wundert, eiern die restlichen Figuren durch die Welt und überlegen sich Fallen für die Schergen des bösen Industriellen.

Review

Die Story ist durchaus abwechslungsreich, aber auf eine … seltsam … vorhersehbare Weise.

Die weißen Aliens scheinen plötzlich nur noch so eine Art „Park & Ride“ zu sein, quasi eine geistlose Mitreisegelegenheit für Schwafelkopf-Tramper. Die Jungs funktionieren dabei wie ein City-Roller oder ein automatisches Taxi – nur halt mit NOCH weniger Intelligenz: Man fasst sie grob an und landet halt … irgendwo in Raum und Zeit. Wo genau, das kann dem Doktor ja egal sein, denn schließlich ist IHR Timelord ja der Drehbuchautor himself. Wer braucht schon eine TARDIS, wenn in jedem Zeitalter eine starke Frauenfigur ihre Bein… äh.. ARME breit macht, um den Doktor ohne Zögern zu unterstützen, bis wieder der nächste Zeitsprung ansteht?

Warum der Master dann stets ein paar Sekunden später reinschneit (warum nicht ein paar Sekunden DAVOR, wenn er das Ziel anscheinend schon kennt?!), darf man vermutlich gar nicht erst fragen.

Und selbst der Master, der immerhin mit den Aliens zusammenarbeitet, weiß nichts(!) über die Wesen, mit denen er sich vermutlich bei ein paar fehlgedeuteten Morseblitzen verbündet hat. – Das wirkt in etwa so konfus, als hätte sich Hitler mit dem Mars-Aliens verbrüdert, die statt „Juden“ aber die ganze Zeit „Klingonen“ gemeint haben. Und außerdem bei jeder Unterstützung der SS-Stoßtrupps einen Unfall erleiden, wonach sie stets mit einer Reifenpanne auf dem Jupiter liegen bleiben…

Nein, das ist keine SF-Geschichte über ungleiche Verbündete, sondern reinster Slapstick. Hier weiß die linke Hand nicht, ob das rechte Bein vielleicht nicht schon vor Jahren amputiert wurde. Bei so vielen Variablen in Bezug auf Raum, Zeit und Methoden bleibt am Ende nur noch ein „Masterplan“ übrig, der konzeptionell irgendwo zwischen der Ausdehnung des Universums, Glücksspiel und der Evolution rangiert.

Dass ich weiter oben „Juden“ schrieb, hat einen ebenso geschmacklosen wie auch guten Grund. Denn der Doktor und ihre Freundin verstecken sich plötzlich bei einer WEITEREN Frau (diesmal im Weltkriegs-Szenario) unter den Bodendielen. Und der Master ist nun plötzlich ein hochrangiger deutscher Soldat, der rein zufällig wie das Lexikon-Bild eines „Südländers“ aussieht? Erklärt wird das durch eine Art Gesichts-Filter-Software. Die der Doktor aber leicht abschalten kann. Was gegen Ende die neue Frage aufwirft, wie die hereinstürmenden Soldaten ihren Ex-Chef überhaupt wiedererkennen sollen? Vermutlich an der Magensäure der verwirrten Zuschauer, die an allem haftet?

Okay, ich verstehe schon: „Toxische Männer“ gibt es in jeder Zeit, mit jedem beliebigen Aussehen. Trotzdem sollte man, gerade WENN man mit erhobenem Moral-Popelfinger und der „EMMA“-Zeitschrift voran durch die Zeitlöcher taucht, ein bisschen aufpassen, WAS man da mittels einiger SF-Klischees hektisch aneinander klebt.

Hier wird unter dem Deckmäntelchen der Aufklärung und der „Wir müssen zusammenhalten“-Botschaft so viel durcheinander geschmissen, dass am Ende nur noch ein Symbol-Salat (hey, das kürzt sich ja auch mit „SS“ ab?) dabei rauskommt. Alles bleibt bei gutgemeinten Bildchen, Zufällen und Parolen. Echte Diskussionen, Aufklärung oder Themen darf der arme Nerd-Opa weiterhin mit der Lesebrille suchen. Hauptsache, angeblich oberschlaue Frauen nicken sich bedeutungsschwanger zu und machen irgendwas Abstruses, während der Doktor kurz aus dem Fenster glotzt und darüber referiert, dass der (Welt-)Krieg ja auch wieder vorbei gehen wird: „Haaaach ja, ist schon echt traurig.“ (*weiterzieh*)

Das wird einem derartig dumpf und dreist serviert, dass man sich schon fast aus Trotz seine Unterhose über den Kopf ziehen will, um über die „scheiß Weiber“ zu meckern.

Tja, in heutigen Storys muss man sich nur noch in den femininen Armen liegen und zum richtigen Zeitpunkt am magischen Kabel zum Dosentelefon ziehen… Schon ist man wieder woanders, auch thematisch. Mal geht es darum, dass Gallifray angeblich mal wieder zerstört wurde, dann um die Erfindung des Computers (WARUM wollten die Aliens sich das bei einer Dose Astral-Popcorn noch mal reinziehen?), gefolgt von einer zwiegespaltenen Doktorin, die vor lauter Hoffnungsbesoffenheit gar nicht weiß, wo sie zuerst traurig hinflennen soll.

Da hätte ich es fast besser gefunden, man hätte sich wirklich mal für eine ganze(!) Episode an die schmutzige Kriegsfront begeben, statt immer dann weiterzuziehen, wenn man den Bildschirm mal für 10 Sekunden zuge-“woke“-t hat.

Das alles ist politische SF-Bildung für Irrsinnige, die erst total verständnisvoll nicken und am Nachmittag ihren Deutschlehrer mit der Eisenstange erschlagen. („Er liebte die Frauen nicht so wie iiiich, gaaargl!“)

Alleine das hier:

– Frau Nummer 1 wird im 19. Jahrhundert von ihrem Mentor (einem Erfinder) nicht für voll genommen. Dass der vermutlich selber mental was druff hat, interessiert keinen – stattdessen beschwert der sich halt über Frauen, die vor allem hübsch aussehen müssen. Hier hätte es mir besser gefallen, wenn er – gerade als Forscher – klüger als seine Zeitgenossen agiert hätte. Wegen „Vorbild“ und so.

– Frau Nummer 2 ist ebenfalls ein Genie, was vom Doktor schnell erkannt wird. Und das noch VOR ihren ersten Dialogsätzen! Tja, Menschen… äh… Mädchenkenntnis besitzt man eben einfach!

– Und dann gibt es da noch die Mutter des bösen Industriellen, über die wir quasi NICHTS erfahren. Außer, dass ihr Sohn sie gerne foltert. Vermutlich ist sie selbst schuld, weil sie ihn als Kind zu lange gestillt hat?

Der Rest der Handlung ist – Ehrensache – natürlich auch völlig absurd: So hält Graham z.B. ein paar Agenten und Aliens in Schach, indem er unkoordiniert mit seinen Laser-Schuhen(!) rumtanzt. Und ja: Ich hoffe SEHR, dass ihr diese Folge alle gesehen habt, bevor ihr das lest. Wenn ihr euch beim Lesen doof vorkommt, dann denkt erst mal an den, der euch das alles aufschreiben muss!

Wieso musste man jetzt überhaupt die „Erfinderinnen des Computers“ aufsuchen? Damit WIR wissen, dass es sie GAB? Das nenne ich mal eine Durchbrechung der Vierten Wand… Bitte aber Zukunft direkt mit einem Lexikon beim Zuschauer vorbeifahren und ihm dieses über den Schädel ballern, jaaa?

Und hatten die blöden Blitzlicht-Aliens eigentlich auch einen eigenen Willen und Masterplan, oder standen die nur rum, damit der Fußboden sich nicht vom Estrich löste? Und wurden den Autoren die James-Bond-Parodie-Elemente nach einer Folge schon wieder zu öde? Ich frage ja nur, weil die rasante Lustigkeit der vorherigen Episode plötzlich in eine Art Gulag-Stimmung mit doofen Sprüchen umgeändert wurde?

Im Ernst, das war ja hier derartig finster, dass man die starken Frauen nur noch am Geruch erkennen konnte! Und war das jetzt wirklich realistisch oder clever, dass der Master über 70 Jahre auf der Erde abgewartet hat, nachdem die Nazis ihn eingesperrt haben? Ich hatte jetzt nicht den Eindruck, dass der generell länger als 70 Sekunden an seinen Schwachsinns-Ideen festhält?

Was genau wollte der Industrielle eigentlich in der DNA speichern? Wörterbücher? Chatprotokolle? Die besten, nie gesprochenen Dialogsätze seiner ermordeten Mudder? Oder gar Survival-Guides, wenn er dann fast alleine auf der entvölkerten Erde rumlatscht? Natürlich abgesehen von ein paar Millionen oder Milliarden Leuten, die gerade KEIN Handy in den Fingern hielten?


Fazit

Ab der Mitte werden all die durchaus interessanten Teilbereiche so mit irren Nazi-Sequenzen, Ausrottungs-Phantasien, „Frauen sind schon echt knorke“-Botschaften und komischen Gadgets zugeschissen, dass das Ergebnis irgendwie BRAUN wirkt. Und ich meine das jetzt nicht nur politisch, sondern auch fäkalistisch.

Dass die Storys wirr sind, daran hatte man sich in den letzten Jahren ja bereits gewöhnt. Doch jetzt kommt auf die trashigen Storys noch eine derartige inhaltliche und optische Finsternis drauf, dass trotz Gaga-Inhalt nichts mehr liebenswert, experimentell oder spielerisch wirkt. – Hauptsache, ein paar Genie-Girls stehen am Rande und machen nix!

Irgendwie wirkt das alles so eklig, als hätte der Doktor mit dem Screwdriver in den Hundhaufen gepiekt.


Bewertung: 1,5 von 5 TARDISse

 

 

 


Diese Review ist im Original auf Zukunftia.de zu finden!


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Daniel Klapowski
Redakteur
Daniel Klapowski ist Chef-Redakteur von Zukunftia.de, Klei— Feingeist und zudem ein weltberühmter Kenner auserlesener Weine unter zwei Euro. So lautet ein Auszug aus seiner legendären Sammlung von Trinksprüchen: „Fusel aus dem Karton so fein, hilft beim schnellen strulle sein. Prost!“.
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Daniel Klapowski

Daniel Klapowski ist Chef-Redakteur von Zukunftia.de, Klei— Feingeist und zudem ein weltberühmter Kenner auserlesener Weine unter zwei Euro. So lautet ein Auszug aus seiner legendären Sammlung von Trinksprüchen: „Fusel aus dem Karton so fein, hilft beim schnellen strulle sein. Prost!“.
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