Doctor Who
“Das Monster von den Sternen”
“The Star Beast”
Erstausstrahlung: 25. November 2023
Drehbuch: Russell T Davies (Vorlage: Pat Mills & Dave Gibbons)
Regie: Rachel Talalay
Produktion: Russell T Davies, Julie Gardner, Jane Tranter,
Joel Collins, Phil Collinson & Vicki Delow
Der Doktor: David Tennant
Donna Noble: Catherine Tate
Der Doktor wird in einen Kampf auf Leben und Tod verwickelt, als ein außerirdisches Raumschiff über London abstürzt. Außerirdische kämpfen gegeneinander, Menschen werden zu Marionetten fremder Interessen gemacht. In den Wirren dieser Kämpfe scheint sich auch das Schicksal seiner alten Freundin Donna zu erfüllen.
Doctor Who ist wieder da! Und nicht nur der zehnte vierzehnte Doktor und Donna kehren zurück, auch die Geschichte und der Bösewicht sind alte Bekannte. Na ja, nicht unbedingt für die Fernsehzuschauer, aber in den 80er Jahren gab es das alles schon einmal als Comic. Dort war es zwar noch der vierte Doktor, der nicht nur auf das Meep und die Wrath Warrior traf, sondern auch direkt auf seine neue (Comic-)Begleiterin “Sharon”, die hier mehr oder weniger von Rose Noble beerbt wurde – aber im Großen und Ganzen war es die gleiche Story. Doch der Reihe nach.
Ein kleines Plüsch-Alien landet (versehentlich?) auf der Erde und wird von Donnas Tochter Rose gefunden und mit nach Hause genommen. Der frisch regenerierte Doktor wird irgendwie direkt in die Geschehnisse hineingezogen, trifft auf die gesamte Noble-Familie und schließlich auch auf das Meep, und als sie schließlich auch noch von insektoiden Alien-Soldaten angegriffen werden, machen sich alle gemeinsam auf, das Meep zu retten – und das alles, ohne dass Donna etwas von den Aliens, dem Doktor und ihrer gemeinsamen Vergangenheit erfahren darf. Allerdings stellt sich schnell heraus, dass die Heuschrecken-Aliens eigentlich ganz nette Kerle sind, das Meep im Grunde Spacehitler und so eine Metakrisen-Energie lässt sich gerne mal aufteilen lässt. Am Ende wird das Meep von der Intelligenz dreier Time Lords, aufgeteilt in einen Doktor und zwei Noble-Frauen, besiegt, man singt noch schnell “Let it go” und verschüttet versehentlich Kaffee auf der neuen TARDIS-Konsole, um direkt ins nächste Abenteuer zu starten. Und Russell T Davies denkt sich verschmitzt, was Donna im selben Moment sagt: “Oops, i did it again“.
Ich habe mich zwar vorsichtig auf dieses Jubiläum gefreut, aber als jemand, der sowohl den späteren zehnten Doktor als auch Donna damals in der vierten Staffel eher weniger mochte, habe ich nicht erwartet, dass ich den Episoden viel abgewinnen könnte. Umso positiver ist die Überraschung, dass fast alle alten Charaktere deutlich gereifter und sympathischer wirken als noch vor 15 Jahren. Der etwas in die Jahre gekommene Doktor, der mit seiner neuen Kakadu-Frisur leicht verloddert durchs Bild huscht, und die durchaus gemäßigte Donna, die sich als Mutter einer Transtochter bemüht, das Richtige zu tun, bekommen auch ohne Nostalgiebonus einen Daumen hoch. Sogar Sylvia, Donnas Mutter, die ich damals gar nicht leiden konnte, glänzt in dieser Folge. Ich möchte fast sagen, dass sie mein Highlight war. Sowohl ihre ernsten Momente, die wie fast alle familiären Szenen der Familie Noble zu den besten dieser Episode gehören, als auch die komischen Momente wirken absolut nachvollziehbar und realistisch. Abgerundet wird das Ganze durch Shaun, den wir zwar schon aus “Das Ende der Zeit” kennen, der hier aber zum ersten Mal etwas zu tun bekommt (und sei es nur, um Szenen zu beenden) und Rose (nein, nicht DIE Rose), die wohl die beste Neuerung im Who-Ensemble ist.
Obwohl es eine Doktor-Donna-Geschichte ist, dreht sich die Geschichte eigentlich auch um Rose. Sie ist diejenige, die das Meep findet und nach Hause bringt, diejenige, die dafür sorgt, dass der Doktor nicht gleich wieder umdreht, sondern sich aktiv in den Alltag der Nobles einmischt, diejenige, die bewirkt, dass Donnas Problem mit der Metakrisen-Timelord-Energie eine Lösung findet und eigentlich auch diejenige, die damit den Tag rettet. Und das hätte bei einem neuen Charakter mit Transhintergrund auch schnell nach hinten losgehen können. Man stelle sich nur vor, die Figur wäre unter Chris Chibnall mit Jodie Whittaker in die Serie integriert worden … da kann man wirklich dankbar sein, dass mit Russell T Davies ein Autor am Werk war, der wohl auch aus eigener Erfahrung wusste, wie man mit so einem Thema umgehen muss. So gehören gerade die Szenen, in denen die Familie um Rose, die sich zwar bemüht, sie so zu akzeptieren, wie sie ist, aber im Stillen doch unsicher und auf ungewohntem Terrain wandelt, zu den besten der ganzen Folge. Auch die Tatsache, dass Konflikte wie das Mobbing ihrer Mitschüler gezeigt werden, spiegelt wider, dass dieser Charakter tatsächlich eine realistische Daseinsberechtigung hat, statt nur drin zu sein, um drin zu sein (aber das kommt noch…). In den vergangenen Jahren wäre eine solche Figur noch als perfekt geschrieben worden, jeder hätte sie ohne weiteres akzeptiert und sie wäre sowieso die Beste, Tollste, Klügste und Fehlerloseste von allen gewesen. Aber nicht hier – und das ist gut so.
Leider hat das nicht bei allen neuen Charakteren geklappt. Ob es Sinn ergibt, dass ein UNIT-Soldat aus religiösen Gründen mit einem Turban statt einem Schutzhelm in den Kampf zieht, sei dahingestellt, aber mit Shirley Anne Bingham wird eine neue wissenschaftliche Beraterin für UNIT eingeführt, die in dieser Episode eigentlich überhaupt nichts beiträgt, außer der Charaktereigenschaft, dass sie im Rollstuhl sitzt. Nun kann man sagen, dass sie als wiederkehrende Figur in der Zukunft vielleicht noch ausgebaut wird und hier die Zeit für wichtigere Dinge genutzt wurde – aber so wie es präsentiert wurde, war es genau das Gegenteil von dem, wie mit Rose umgegangen wurde. Nur drin, um eine Quote zu erfüllen. Man kann nur hoffen, dass auch hier die Darstellung in Zukunft besser und zwangloser wird – dann ist vielleicht auch schauspielerisch mehr drin, als Ruth Madeley in dieser Folge zeigen durfte, konnte oder wollte.
Inzwischen war mehrfach zu lesen, dass dank der Finanzspritze von Disney nun für eine einzige neue Episode so viel Geld zur Verfügung steht, wie zu Tennant-Zeiten für eine ganze Staffel. Und das merkt man auch: Doctor Who sieht jetzt richtig gut aus. Die CGI, die Sets, die Kostüme, alles sieht teuer und hochwertig aus – aber … irgendwie auch zu wenig. Wir haben nicht viel, und das Schönste ist eigentlich die Eröffnungssequenz auf dem Camden Market, die aber vor Ort gedreht wurde. Ansonsten haben wir das Haus der Nobles mit der Straße davor – und das Stahlwerk. Diese Sets waren alle schön und wertvoll, aber das war auch alles, was die Episode zu bieten hatte. Ich würde gerne mehr von dem Budget sehen, aber es war ja nur eine Episode – mal sehen, was die Zukunft bringt. Zumindest das neue TARDIS-Set zeigt schon, dass alles größer und teurer geworden ist. Mit einer Ausstattung, die funktional an die Pond-TARDIS erinnert, optisch aber an die klassische Ära, allerdings mit neuer LED-Beleuchtung (PC-Gamer wissen: buntes Licht bringt 3 PS mehr!), punktet der neue Konsolenraum auf vielen Ebenen, bleibt aber immer noch etwas sehr steril.
Aber auch die Überarbeitung der ursprünglichen Comic-Geschichte war steril. Trotz neuer und anderer Charaktere folgt man, wie gesagt, ziemlich genau der bekannten Story – auch wenn das Meep nicht ganz so viele Nazi-Anleihen bekommt wie in der Vorlage. Aber weniger ist immer noch genug. “Heil to the Meep”-Sprechchöre, hervorgerufen durch eine schwarze psychedelische Sonne, heben den kleinen Spacehitler schließlich auf den eisernen Thron, wie es sich für den Beep aller Meeps gehört. Das Kostüm, das übrigens praktisch war (mit einer armen Puppenspielerin darin, die weder sehen noch hören konnte), ist eine gesunde Mischung aus Comic-Vorlage und TV-Serien-Maskottchen der Marke “Baby Yoda”. Als Bösewicht in dieser Episode funktioniert das Meep hervorragend, auch wenn das Konzept “Das süße kleine Alien ist eigentlich böse und die bösen unheimlichen Aliens sind eigentlich die Guten” natürlich nicht mehr neu ist. Trotzdem macht es Spaß, die Geschichte des Meeps zu verfolgen und auch die Schlussfolgerungen des Doktors zu verfolgen, dass nicht alles so ist, wie es scheint.
Am Ende beschließt Donna, mit dem Doktor zu gehen, an den sie sich zwar immer noch nicht richtig erinnern kann (nur unterbewusst), aber ihr Gefühl sagt ihr, dass sie ihm helfen muss. Als der Doktor und Donna dann in einer Szenerie gefangen sind, die an “The End of Time” erinnert, wo der zehnte Doktor damals sein Ende fand, löst der Doktor dann in bester Winter Soldier-Manier die Sperre im Kopf seiner alten Freundin, damit die Metakrisen-Doktor-Donna zurückkehren und mit ihm das Meep aufhalten kann. Und dann stirbt sie in seinen Armen … nicht. Denn da sie ein Kind bekommen hat, hat dieses die Hälfte der Metakrisen-Energie übernommen, und was für einen Menschen zu viel ist, ist für zwei Menschen kein Problem. Rose bekommt nicht nur einen Crashkurs in Doktor-Donna-Erinnerungen (die auch schon immer in ihr schlummerten), sondern ist auch diejenige, die am Ende den Tag rettet. Nebenbei wird Donnas “Binär, Binär, Binär”-Kommentar, der damals nur Techno-Gebrabbel aufgrund ihres schmelzenden Verstandes war, umgeschrieben und mit der nicht-binären Tochter verbunden, und irgendwie funktioniert das sogar. Die Erklärung, warum Rose nicht binär ist, warum ihre Geschlechtsidentität nicht eindeutig ist und sie sich entgegen ihrem biologischen Geschlecht als weiblich identifiziert, bekommt mit der Metakrisen-Energie eine passende, wenn auch kontroverse Erklärung. Mir persönlich gefiel sowohl die Auflösung rund um das Problem mit Donnas Erinnerungen, als auch die Erklärung, dass es gerade die mehrgeschlechtliche Auslegung der Time Lords ist, die Rose zu einer Transperson macht.
Was mir im Anschluss leider gar nicht gefallen hat, waren die sexistischen Sprüche, die als Gag eingestreut wurden. Für das Problem der Meta-Krise gibt es natürlich eine einfache Lösung! Man, Doktor! Mach’s einfach wie Elsa und let it go! Warum ist er nicht früher darauf gekommen? Weil er eben ein Mann ist. Einem Mann fällt es viel zu schwer, etwas loszulassen – Frauen haben da eher den Durchblick. Das war so ein schnell hingekritzelter Käse, wie in den Worst-of-RTD-Zeiten, die in dieser Episode so noch nicht zum Ausdruck gekommen sind. Warum es eines männerfeindlichen Kommentars bedarf, um ein Problem zu lösen, weiß wohl nur der Autor selbst – aber Quatsch bleibt es trotzdem. Oder sehe ich das einfach nur so kritisch, weil ich ein Mann bin und mich von dem Thema hier mehr angesprochen fühle, als vorher von dem Trans-Thema, das ich persönlich gut geschrieben fand, das aber einige Anhänger der Trans-Community eher kontrovers beurteilen? Nun, ich kann nur für mich sprechen – und das war hier ein totaler Schuss in den Ofen, auch wenn es nur ein Gag war.
Aber immerhin wurde die Energie, die von Donna und Rose ausging, nicht dazu verwendet, Kranke zu heilen (auch wenn es kurz danach aussah) und den Weltfrieden zu bringen. Das Thema wurde so schnell abgehandelt, wie der Space-Hitler-Plüsch-Yoda ins Gefängnis und die Nobles (und Herr Temple) zur TARDIS wanderten. Nach einem kurzen Intermezzo entschließt sich Donna zu einem letzten Abenteuer mit dem Doktor und betritt mit ihm den Apple-Store die TARDIS. Barrierefrei, klinisch steril und diesmal innen wirklich größer als außen, lädt die Zeitmaschine die beiden gleich auf eine Tasse Kaffee ein. Tja, wenn sie das nicht getan hätte …
Fazit
Dieses Special fühlt sich sowohl wie ein Abschluss der Geschichte der alten Doktor-Donna-TARDIS-Crew als auch wie ein neues Kapitel an. Es scheint, als hätten die beiden noch Abenteuer vor sich (mindestens zwei), bevor es mit dem fünfzehnten Doktor und Ruby Sunday weitergeht, und ja, dieses Special macht definitiv Lust auf mehr. Ist alles rund in dieser Story? Nein. Die Geschichte um das Meep ist jetzt nicht die originellste, ein paar neue Charaktere waren nur dabei, um eine Checkliste abzuhaken, und es fühlte sich zu keinem Zeitpunkt wie ein Jubiläumsspecial an. Es war einfach eine weitere Episode mit dem Doktor und Donna, die sich nach vielen Jahren wiedersehen. Nicht episch, nicht bombastisch, aber unterhaltsam und mit einigen Charaktermomenten gespickt, die auch das wiederholte Anschauen lohnenswert machen. Mit Rose wird gezeigt, wie man einen abwechslungsreichen Charakter gut schreibt und in die Story integriert und mit dem Disney-Geld durfte die TARDIS mal wieder so richtig glänzen. Als Start in eine neue, begrenzte Ära funktioniert das Special wirklich gut und für Nostalgiker der Tennant-Ära sowieso. Man bekommt eigentlich genau das, was man erwartet und das nicht im schlechtesten Sinne. Eher im Gegenteil. Aber auch nicht mehr.
Bewertung: 3,5 von 5 TARDISe
Wichtige Links zu den Specials:
- “Das Monster von den Sternen” bei Disney+
- “The Star Beast” im BBC iPlayer
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- Englische DVD
- Englische Blu-ray
- Englisches Steelbook