Review | Osterspecial 2022 | Die Legende der Seeteufel (Legend of the Sea Devils)

Doctor Who

„Die Legende der Seeteufel“
„Legend of the Sea Devils“


Erstausstrahlung DE: 02. Dezember 2022 (Online) | 28. Februar 2023 (TV)
Erstausstrahlung UK: 17. April 2022

Drehbuch: Ella Road & Chris Chibnall
Regie: Haolu Wang
Produktion: Chris Chibnall, Matt Strevens, Nikki Wilson

Der Doktor: Jodie Whittaker
Yasmin Khan: Mandip Gill
Dan Lewis: John Bishop


Der Doktor, Yaz und Dan sind im China des 19. Jahrhunderts, wo ein kleines Dorf an der Küste sowohl von der furchterregenden Piratenkönigin Madame Ching bedroht wird, als auch von der monströsen außerirdischen Macht, die sie unwissentlich losgelassen hat.


Erinnern wir uns an November 2009. David Tennants vorletzte Geschichte als der Doktor steht kurz vor der Ausstrahlung. Welche Episode war das? Oh, ja, eine Geschichte namens „Der rote Garten“. Ein Special, das viele Fans zu Recht als Klassiker betrachten. Eine Geschichte, die die gute und nicht so gute Seite des zehnten Doktors untersuchte, seinen bevorstehenden Tod vorbereitete und all das mit einem brillanten Basis-unter-Belagerung-Abenteuer und einem fantastischen wässrigen Monster verband. Nun, was bekommt Jodie Whittaker für ihr vorletztes Abenteuer? Abgesehen von einem aquatischen Monster das genaue Gegenteil.

Es gab Berichte, dass diese Episode hinter den Kulissen Probleme hatte, und das zeigt sich wirklich. Zum einen knackt dieses „Special“ kaum die 45-Minuten-Marke und fühlt sich trotzdem sehr hastig produziert an. Häufig hatte ich das Gefühl, ich würde eine unfertige Vorabversion sehen. Ich musste immer wieder zurückspringen, um sicherzustellen, dass meine Version nicht durcheinandergekommen war. Von Anfang an wirkten Szenen uneinheitlich, es gab unvollständige CGI und Kontinuitätsprobleme. Zum Beispiel regnet es am Anfang der Episode, dann, als der Doktor und Co. ankommen, scheint die Sonne. Man könnte annehmen, dass der Doktor viel später angekommen ist, aber dann regnet es in der nächsten Szene wieder im Dorf, und Ereignisse finden direkt nach der Vorspannsequenz statt. Es ist also kaum Zeit vergangen, um ein so dramatisches Wetter zu verursachen. Der Doktor und ihre Begleiter sind auch überhaupt nicht nass, als sie im Dorf ankommen.

Dann kommt der Seeteufel und fängt an, Leute zu zerteilen, und der Effekt war einfach lächerlich amateurhaft. Ich würde sagen, es sieht aus wie ein Schulprojekt, aber ich denke, Schulkinder hätten einen besseren Job gemacht. Ereignisse passieren dann ohne jegliche Vorbereitung. Zum Beispiel, als der Doktor zum ersten Mal auf den Seeteufel trifft, sind Dan und Yaz hinter ihr. Dann haben die beiden plötzlich eine Falle vorbereitet, von der der Doktor vollständig weiß, und sie gibt das Signal, den Seeteufel zu fangen. Wann und wie ist das alles passiert?! Es schien, als ob einige Szenen während der Episode fehlen würden, mit einer derartigen Bearbeitung. War der Zuständige für den Schnitt der Folge halb am schlafen?

Die Seeteufel sind zurückgekehrt. Wenn ich etwas loben kann, dann ist es, dass sie originalgetreu rekonstruiert wurden. Zumindest visuell. Leider gibt es auch hier Probleme. In einem Interview vor der Ausstrahlung erwähnte Chibnall, dass CGI für die Gesichter der Kreaturen verwendet werden musste, nachdem sie aufgenommen worden waren. Dies bedeutet, dass es deutliche Ungereimtheiten gibt, bei denen man den Wechsel vom Kostümkopf zum CGI deutlich sehen kann. Es gibt auch Inkonsistenzen, bei denen der Mund nicht richtig zu funktionieren scheint. Ich bin mir nicht sicher, ob dies beabsichtigt war oder nicht. Aber selbst wenn ich das alles ignorieren würde, war ihre Präsenz insgesamt schwach. Sie sind im Vergleich zu ihrer nuancierteren Darstellung in der klassischen Ära sehr eindimensionale Feinde, und letztendlich werden sie am Ende viel zu einfach besiegt (und wo auf der Erde haben sie die Fähigkeit zum Supersprung und zur Teleportation her?).

Über die Gastdarsteller: Leider fand ich Crystal Yu als Madame Ching etwas flach. Ich werde nicht vorgeben, die reale Geschichte von Ching zu kennen, aber es scheint, als ob Chibnall und Ella Road hier nicht einmal an der Oberfläche einer interessanten Geschichte gekratzt haben. Marlowe Chan-Reeves war auch nicht wirklich gut als Ying Ki. Er war viel zu unbeschwert und wechselte im Handumdrehen von der Trauer um seinen Vater zum glücklichen Crewmitglied. Arthur Lee als Ji-Hun schlug sich etwas besser, aber natürlich musste der fesselndere Charakter sterben. Ko Sharmus und Jericho lassen grüßen.

Eine Piratengeschichte ohne Schwertkampf geht nicht, und diese Folge hat es wirklich schlecht gemacht. In den heutigen Medien muss man einen kompetenten Choreografen engagieren, wenn man will, dass die Kämpfe mehr sind als eine pantomimische Übung von Menschen, die Stöcke gegeneinander schwingen. Die Pertwee-Ära hatte Schwertkämpfe, die besser waren als diese.

Die Episode hat wegen ihrer „Thasmin“-Szenen (oh Gott, wie ich diese Shipping-Namen hasse) einige Aufmerksamkeit erhalten, aber wie ich in meiner Rezension zu „Silvesternacht mit Daleks“ sagte, ist das alles zu wenig und zu spät. Wenn diese „Beziehung“ zwischen Doktor und Yaz in Staffel 11 klar aufgebaut worden wäre, könnte dies ja wie ein runder Abschluss wirken. Einige waren überzeugt, dass vage, interpretierte Blicke seit dem ersten Tag vorhanden waren. Allerdings gab sogar Produzent Matt Strevens zu, dass nichts davon geplant war. Ich bin also verwirrt, dass jemand mit diesem offensichtlichen Tokenismus in letzter Minute zufrieden sein könnte. Und wo wird es enden? Mit dem dreizehnten Doktor, die in der nächsten Folge regeneriert. Was für eine großartige dreiteilige Handlung! Das einzig Gute an den Thasmin-Szenen war, dass sie tatsächlich einige anständige schauspielerische Leistungen von Jodie Whittaker hervorbrachten, insbesondere in ihrer Abschlussszene.

Jedoch ist die Charakterisierung des Doktors in der Episode immer noch nichts Halbes und nichts Ganzes. Wie war das noch früher, als der Doktor eine „Fürsorgepflicht“ gegenüber seinen Begleitern hatte? Ich erinnere mich daran, aber hier lässt sie Dan einfach wieder zurück. Oh ja, Dan, ich hatte ihn vergessen. Abgesehen von ein paar Piratenwitzchen, einem Schwertkampf und einem völlig unerwarteten Anruf bei Diane (hat sie ihn nicht verlassen?), gibt es wenig zu kommentieren. Ich kann nicht anders, als zu denken, dass Dan seit Flux eine völlig unnötige Ergänzung war.

Insgesamt scheint „Eine Enttäuschung“ eine perfekte Zusammenfassung von „Die Legende der Seeteufel“ zu sein. Ich soll traurig sein, dass eine Ära zu Ende geht, aber schlecht gemachte Episoden wie diese erinnern mich daran, warum RTD nicht früh genug zurück sein kann.

Randbemerkungen:
  • Der Doktor erlaubt es wieder einem Mann, sich an ihrer Stelle zu opfern. Und auch dieser Mann kennt sie kaum.
  • „Ich denke, du bist einer der großartigsten Menschen, die ich je kennengelernt habe.“ Yaz bekommt noch mehr positive Bestätigung, und trotzdem hat man noch nie eine Spur von dieser so genannten Großartigkeit auf dem Bildschirm gesehen. Kann jemand ernsthaft erklären, was Yaz getan hat, um so großartig zu sein? Denke nur an all die Menschen, die der Doktor auf seinen Reisen getroffen hat, und Yaz steht an erster Stelle?!
  • Chibnalls unnötige Exposition wird sich nie ändern. Trotzdem musste ich darüber lachen, wie Yaz erklärt, was wir sehen, nur damit der Doktor kurz darauf dasselbe tut.
  • „Lass die Schwerter dich nicht berühren!“ Was du nicht sagst!
  • Wie konnte Madam Cheng zwei erwachsene Männer aufhängen, ohne dass Widerstand geleistet wurde?
  • Wie konnten Dan und Ying Ki schneller schwimmen als ein sich bewegendes Schiff?
  • Wie wusste Dan, wie er die Schiffskanonen abfeuern kann und mit Schwertern kämpft?
  • Chengs Schiffsbesatzung ist verschwunden, also wie kam sie voran? Eine Person konnte kein großes Schiff alleine segeln. Dan weist darauf hin, aber es wird keine Antwort gegeben.
  • Was ist mit dem riesigen Hua Shen-Monster passiert?

Bewertung: 0,5 von 5 TARDISe

 

 

 



 

Samira Hofmann
Als gebürtige Britin bin ich schon früh mit Doctor Who in Berührung gekommen. Fan wurde ich allerdings erst vor etwa 15 Jahren. Seitdem verfolge ich die Serie mit Leidenschaft und analysiere die Handlung, schauspielerischen Leistungen, das Drehbuch sowie verfügbare Produktionsinfos. Mein Ziel ist es, meine Liebe und Begeisterung für Doctor Who zu teilen und dazu beizutragen, dass die Serie auch auf Deutsch eine wachsende Fangemeinde findet.
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Samira Hofmann

Als gebürtige Britin bin ich schon früh mit Doctor Who in Berührung gekommen. Fan wurde ich allerdings erst vor etwa 15 Jahren. Seitdem verfolge ich die Serie mit Leidenschaft und analysiere die Handlung, schauspielerischen Leistungen, das Drehbuch sowie verfügbare Produktionsinfos. Mein Ziel ist es, meine Liebe und Begeisterung für Doctor Who zu teilen und dazu beizutragen, dass die Serie auch auf Deutsch eine wachsende Fangemeinde findet.
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