Review | 12×08 | The Haunting of Villa Diodati

Doctor Who

“The Haunting of Villa Diodati”


Erstausstrahlung DE:
Erstausstrahlung UK: 16. Februar 2020

Drehbuch: Maxine Alderton
Regie: Emma Sullivan
Produktion: Chris Chibnall, Matt Strevens, Alex Mercer

Der Doktor: Jodie Whittaker
Graham O’Brien: Bradley Walsh
Ryan Sinclair: Tosin Cole
Yasmin Khan: Mandip Gill


„Niemand erwähnt Frankenstein. Niemand mischt sich ein. Niemand knutscht mit Byron.“ Hört sich doch ganz einfach an, oder? Der Doktor und ihre Gang kommen bei der Villa Diodati, am Geneva See des Jahres 1816, an – in der Nacht, die Mary Shelley’s Inspiration für Frankenstein war! Der Plan ist, den ganzen Abend die Atmosphäre der anwesenden, wörtwörtlichen Größen, in sich einzusagen – doch die Geister sind dann doch alle etwas zu echt… Der Doktor muss eine Entscheidung von erderschütternden Ausmaßen fällen…


In dieser Episode landet der Doktor in der Nacht, in der Mary Shelley die Idee für ihre Frankenstein-Geschichte bekam. Doch um derartig inspiriert zu werden, müssen erst einmal geisterhafte Gestalten im Haus herumspuken (Oh, lass es bitte die verstorbenen Autoren der letzten Episoden sein!), der Schrittzähler irgendwie auf 5.000 hochgepusht werden („Da drüben ist ein Hinweis! Ach ne, doch nicht.“) und die Nebendarsteller-Menge auf die Bevölkerungszahl einer mittleren Großstadt zurück-getötet werden.

Alles Weitere klären wir einfach wieder mit kleinen Meinungskästen. Denn wie ein altes Sprichwort schon sagt: „Wer Versatzstücke sät, wird Versatzstücke ernten“

Wer bin ich, und wenn ja, auf wie vielen Fluren? – Nein, diese „Schaufelbagger, schütt‘ die ganzen Nebenfiguren irgendwo hin!“-Erzählform tut meinem Hirn nicht gut. Ständig rennen Leute raus, rein, verlieren sich zwischen „verzauberten“ Fluren und getarnten Zimmern, kommen wieder, fragen kurz nach dem Wetter und ihrer Sterbeversicherung, schauen nach ihren Kindern, gehen zum Rumschreien drei Räume weiter, kommen wieder zurück, verhalten sich dann wieder komplett normal (sie sind ja schließlich jetzt woanders), etc… – Da hilft es auch nicht, dass der Doktor drei Meter um die Ecke „flieht“, um sich dann so sehr in Sicherheit zu wiegen, als wäre er bereits im Nachbarhaus.

Mäuler sind zum Maulen da – Endlich sagt die Doktorin mal, was die anderen Autoren noch nicht kapiert haben: Dass es in der Gruppe keine „flachen Hierarchien“ gibt, sondern die Frau mit der blauen Kiste im Zweifel das Sagen hat, Punktum! Gerade denn, wenn es um schwierige Entscheidungen geht. Zwar wirkte das eeetwas plötzlich nach den vorherigen Episoden (= „Ich weiß auch nicht weiter. Aber könnten wir uns nicht einfach mal socially awkward an den Händen halten?“), war aber eine erfrischende Abwechslung zu dem Lari-Fari, das sonst nie einem Weh tun durfte. Und wenn, dann halt nur den Krebs-Patienten in der Gruppe.

Stimmungsbarometer auf Warp 5, Captain – Gerade der Beginn weiß mit schönen langsamen Momenten zu punkten. So schleicht Graham im Haus herum, weil er das Klo nicht findet, landet dabei in bereits besuchten Räumen (auch wenn ich DAS bis zum Ende nicht ganz gerafft habe) und gruselt sich vor Gestalten, die am Ende die Frage offen lassen, ob zumindest ein Teil der Sichtungen auf echte Geister zurückging. Und ja, man MUSS heute schon froh sein, wenn die Macher in einer Geistergeschichte mal geistergeschichtliche Dinge verwenden. Wir sind hier ja schließlich nicht bei echten Profis…

Drehbuch-Sozialismus – Die Figuren waren mir viel zu ähnlich. Klar, wir haben den Angsthasen („Müssen wir da lang, oder kann ich mich auch dahinten einscheißen?“), die mutige Mary Shelley („Ich übernehme den Job des Doktors und frage noch mal nach.“), ein paar überforderte Nebenfiguren und den Typen im Keller, der von einem Quecksilberklumpen besessen ist. Aber am Ende vom Lied sind das halt alles Leute mit ähnlichen Klamotten, die ich oft nicht auseinanderhalten konnte („Äh… Ist das ein weiteres Dienstmädchen Mitte 20 oder ein wichtiger Charakter?“). Schade, dass der alte weiße Mann so früh gestorben ist. – Äh, darf man DAS heute eigentlich noch laut sagen?

Endlich: Kostüm-Department kommt aus dem 8-wöchigen Skiurlaub – Das Haus hätte man vielleicht noch phantasievoller ausstatten können, doch dafür gefiel mir der Cyberman gut. Klar, denn hier konnte die Serie mal auf bewährte Designs zurückgreifen, statt einem Statisten wieder „Alien-Microplastik“ ans Kinn zu kleben. Schön auch, dass die Maske kaputt war und man so neben dem Roboterhaften auch gleich noch eine verzerrte Fratze zu sehen bekam. Zwar ist das wieder nur altes Antagonisten-Zeug, aber was soll‘s, solange das NEUE immer total ALT wirkt?

Schweeester? Worum ging‘s noch mal? – Kann sein, dass ich mich gerade als anspruchsberechtigt für eine Pflegekraft oute, aber so ganz kapiert habe ich es jetzt noch nicht: Der Quecksilber-Klumpen wollte also nicht raus, weil … der in den Fluss geworfen(?) wurde, um dem Erstbesten seine Untergangs-Visionen aufzudrücken? Und die Mumienhand lief da jetzt rum, damit der Doktor tatsächlich am Knochen lutschen kann, um das Alter zu bestimmen? („Hmm… 200 Jahre. Und ein auch für mich tödliches Alienvirus, lecker!“) Und war der Cyberman zu blöde, wie die anderen einfach die TREPPE in den Keller zu finden und musste sich deshalb zig mal hinbeamen?
[Komplette Frage-Liste wird auf Wunsch von einem alten Telefonbuch-Verlag gedruckt]

Immerhin… Die Geschichte findet trotz einiger Irrungen und Laber-Wirrungen irgendwie noch die Kurve zu Mary Shelleys „Frankenstein“, was irgendwie das (einzige?) Ziel des Ganzen war. Allerdings hätte ich es spannender gefunden, wenn das Monster am Ende WIRKLICH wieder an seine Menschlichkeit erinnert worden wäre, was ja um ein Haar auch geschehen wäre. („Böööh. Ich war auch mal ein Vater. Und damals habe ich nur Butterbrote und Frühstückskaffee getötet?“)

So bleibt es bei einer etwas seltsamen Klärung, bei der man sich fragen muss, ob man die Fähigkeiten des Doktors nicht etwas übertreibt. Es hätte nur noch gefehlt, dass sie erwähnt, dass sie ihre außerirdischen Parasiten sonst nur mit Milch und Frühstücksflocken verzehrt. Im Ernst, musste sie das Ding unbedingt absorbieren? Wenn die Tante bei mir wohnen würde, hätte ich echt Angst, dass die mir in meiner Abwesenheit alle Putz- und Bleichmittel wegsäuft…


Fazit

Trotz kleiner Lichtblicke bei Dialogen und Stimmungserzeugung (Donner & Blitz nach DIN-Norm 293) bleibt am Ende leider ein (f)laues Gefühl in der Magengrube zurück. Denn die Geschichte selbst fühlt sich an, als hätte man aus zig Leichenteilen ein Drehbuch zusammengenäht.

Entspannter und fokussierter wäre es auch gewesen, wenn man nicht wieder eine komplette Fußballmannschaft durch das Spukhaus geprügelt hätte. Bonuspunkte gibt es für den Verzicht auf die sonst übliche Woke-ness.

Wobei wir natürlich nicht wissen, mit WEM oder WAS der Cyberman früher mal verheiratet war?


Bewertung: 2,5 von 5 TARDISse

 

 

 


Diese Review ist im Original auf Zukunftia.de zu finden!


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Daniel Klapowski
Redakteur
Daniel Klapowski ist Chef-Redakteur von Zukunftia.de, Klei— Feingeist und zudem ein weltberühmter Kenner auserlesener Weine unter zwei Euro. So lautet ein Auszug aus seiner legendären Sammlung von Trinksprüchen: „Fusel aus dem Karton so fein, hilft beim schnellen strulle sein. Prost!“.
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Daniel Klapowski

Daniel Klapowski ist Chef-Redakteur von Zukunftia.de, Klei— Feingeist und zudem ein weltberühmter Kenner auserlesener Weine unter zwei Euro. So lautet ein Auszug aus seiner legendären Sammlung von Trinksprüchen: „Fusel aus dem Karton so fein, hilft beim schnellen strulle sein. Prost!“.
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