Review | 12×06 | Praxeus

Doctor Who

„Praxeus“


Erstausstrahlung DE:
Erstausstrahlung UK: 02. Februar 2020

Drehbuch: Pete McTighe & Chris Chibnall
Regie: Jamie Magnus Stone
Produktion: Chris Chibnall, Matt Strevens, Alex Mercer

Der Doktor: Jodie Whittaker
Graham O’Brien: Bradley Walsh
Ryan Sinclair: Tosin Cole
Yasmin Khan: Mandip Gill


Was ist die Verbindung zwischen einem verschollenen Astronaut im indischen Ozean, das seltsame Verhalten der Vögel Perus und einem US-Marine Offizier, der an einen Strand in Madagaskar angespült wird? Ein Fall für das Team TARDIS!


Nehmt die Finger von diesem Planeten, ihr rotzlöffeligen Alten! Ihr macht nur wieder alles kaputt da! – Wie bitte? Ach, ihr seid noch unter Dreißig, habt noch nie Plastikmüll in der Hand gehabt und kennt „Autofahren“ nur aus dem Fernsehen – das ihr aus Stromspargründen aber gar nichts schaut? Dann dürft ihr hier ausnahmsweise zugucken! Denn ihr werdet (vielleicht) mal die Welt retten. Okay, der Doctor war zwar schon in der fernen und geretteten Zukunft, aber das heißt ja noch lange nicht, dass das auch im Calvin-Universum von Doctor Who passiert…?

Wer bedroht uns?

Mikroplastik, das Menschen frisst. Und Leute mit Gasmasken. Und böse Vögel.

Wo wird wild rumgerannt?

In einem Lagerhaus, am Strand und in einer Rakete.

Was wird am Ende die Lösung bringen?

Ein Antiserum gegen das außerirdische (Plastik-)Bakterium, in Sekunden hergestellt.

Wer sind SIE? Und wann gehen Sie endlich? – Die ersten 12 Minuten der Episode ist man erst mal damit beschäftigt, die Anwesenheitsliste der versammelten Companion-Klasse laut vorzulesen. Damit man im wilden Schnittreigen kapiert, WER überhaupt WO ist, um WAS zu ergründen. Klar, man wollte hier mal mit den neuen Nebenfiguren anfangen, um die wirre Schnarchigkeit der Hauptgeschichte zu verbergen. Doch leider kann sich die Mittelmäßigkeit hinter all dem „Bäumchen wechsel dich“ ebenso wenig verstecken wie Obelix sich hinter einem Hain junger Birken.

Make me woke, before I go-go… – Hm. Wir haben die Elemente „Tote Vögel“, „Vermüllter Hang in Peru“ und „Doktor mag kein Mikroplastik“. Preisfrage: Was bedeutet das? Antwort: Wir sollten tote Vögel besser im Biomüll trennen und bloß keine Strohhalme aus dem Flugzeug werfen, wenn wir für UNSERE Seriendrehs ständig um die halbe Welt fliegen! – Im Ernst, der Doktor sollte wirklich demnächst im Altkleidercontainer (mit vier Rädern) rumdüsen, statt in dieser ollen blauen Zelle. Und wieso trägt da bisher keiner die alten Jute-Unterhosen von Chibnall neu auf?!

We are the wooorld, we areee the Chibnaaalls… – Statt die bisherigen Companions sinnig zu nutzen, schmeißt man noch mal eine Wagenladung schlecht schauspielernder Leute oben drauf – die rein zufällig so repräsentativ aussehen wie die Eigenwerbung der Zeugen Jehovas. So benutzt man statt der längst vorhandenen Polizistin (= Jaz) einfach einen anderen Polizisten außer Dienst, degradiert die asiatische Biologin zur persönliche Laborausstatterin des Doktors (hatte wohl zufällig in der TARDIS keine Objektträger mehr?) und stellt noch einen weiteren dynamischen Dynamiker mit dunkler Hautfarbe daneben, der zufällig am Drehort rumstand.

Themen, die die Welt bewegen … nicht. – Ich weiß, dass die Serie von Natur aus gerne mal wirr und trashig ist, aber hier wurden mir entschieden zu viele Ideen püriert: Der Polizist liebt den sterbenden Astronauten (der den Doktor erst mal überreden muss, das experimentelle Heilungsserum an ihm auszuprobieren?!), während die Companions mal gerade ad hoc ein Raumschiff steuern (kann ja auch nicht schwerer sein, als schlecht zu schauspielern), was nur deswegen noch hochwertig wirkt, weil wir zwischendurch die trashige Plastikmüll-Höhle der Bakterienmonster sehen. Da war wohl jemand seeehr froh, dass das Drehbuch quasi Plastikfolie über Styroporstreben „erlaubt“ hat?

Mach‘s Licht an, ich will weiterschlafen! – Irgendwie sieht jede Folge vom Handwerklichen immer schäbiger aus? Die Kamerafahrten wirken so, als hätte man den Kameraleuten zwei TARDISse ans Bein gebunden, das Licht ist entweder langweilig-hell oder trostlos-dunkel, die Farben wirken wie pürierte Plastikbecher und von der einstmals heroischen klassischen Musik blieb nur noch ein wilder Stilmix. Irgendwo zwischen „Polit-Thriller wollten wir doch auch mal machen?“ und „Lass uns den Planeten mit indianischer Synthie-Mucke aufpeppen.“ ist alles dabei.

Insgesamt ist‘s eine extrem langweilige Veranstaltung, bei der man lieber mit spitzen Fingern das Mikroplastik aus dem Teich sammeln möchte, als konzentriert zuzusehen.

Wobei das lieblose Zusammentrommeln von jungen Menschen, die gerade teilnahmslo… teilnahmsvoll in zig Ländern rumstanden, dem Drehbuch nicht mal genügte! Zusätzlich musste noch der besagte abgestürzte Astronaut her, der 5 Sekunden nach seiner Rettung mal schnell über unseren Planeten schwärmt („Es ist alles sooo wunder-ARGH!-schön. All diese Schäfchenwolken und atommüllfreien Berge!“).

Und das, während man die durchaus spannenden „Mikroplastik-Zombies“ einfach kurz nach deren Aufstehen … spurlos verpuffen lässt. Okaaay. Wenn das die einzige Möglichkeit ist, die Serie von sinnfreien Fluchtsequenzen mit schäbbigen Monstern abzubringen, stelle ich Chris Chibnall gerne eine Sondergenehmigung aus. Und zwar für die anderen 1.000.000 Ideen, die das Genre Science Fiction noch bereithält. – Und nein, damit meine ich NICHT kranke Möwen am Hamburger Hafen oder tote Amseln in Gelsenkirchen.

Dazu kommt noch, dass selbst dem Doktor alles furchtbar egal ist. So darf Jaz ein paar Sekunden, nachdem sie aus dem Todesfallen-Lagerhaus entkommen ist, gleich wieder dort REIN laufen. Aber okay, die Doktorin sichert sich mit einem strengen Blick und dem Satz „Aber nuuur eine Stunde!“ natürlich gut ab. Ich persönlich begrenze die Zeit zwar immer auf 30 Minuten, wenn meine Neffen auf der Autobahn-Baustelle spielen wollen – aber sei‘s drum.

Alles in allem sahen wir ein lieblos zusammengeschrammeltes Cringe-Fest mit Kaugummi-Charakterszenen und einfältigen „Gegenspielern“. – Im Ernst, ein Bakterium… Was kommt als Nächstes? Ein Virus vom chinesischen Wochenmarkt?


Fazit

So langsam möchte ich auch mal ein Drehbuch für die 12. Staffel schreiben! So richtig mit Monstern, die aus nicht recyceltem Glas bestehen (so mit Scherben im Gesicht und so), mit Ungeheuern, die ihren Spinat nicht aufgegessen haben (so mit brechenden Knochen beim Laufen) oder mit Aliens, die keine Bewerbungen von Ausländern annehmen – und denen dann aus Fachkräftemangel das Raumschiff unter‘m Hintern wegexplodiert.

Ihr seht schon…

Eine richtige Geschichte ist das nicht. Aber eine Schicht, das ist es schon. Und zwar eine richtig schleimige und biologisch 100%ig abbaubare.

Lecker! (*aktuelle Episode liebevoll auf Komposthaufen leg*)


Bewertung: 1,5 von 5 TARDISse

 

 

 


Diese Review ist im Original auf Zukunftia.de zu finden!


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Daniel Klapowski
Redakteur
Daniel Klapowski ist Chef-Redakteur von Zukunftia.de, Klei— Feingeist und zudem ein weltberühmter Kenner auserlesener Weine unter zwei Euro. So lautet ein Auszug aus seiner legendären Sammlung von Trinksprüchen: „Fusel aus dem Karton so fein, hilft beim schnellen strulle sein. Prost!“.
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Daniel Klapowski

Daniel Klapowski ist Chef-Redakteur von Zukunftia.de, Klei— Feingeist und zudem ein weltberühmter Kenner auserlesener Weine unter zwei Euro. So lautet ein Auszug aus seiner legendären Sammlung von Trinksprüchen: „Fusel aus dem Karton so fein, hilft beim schnellen strulle sein. Prost!“.
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