Der 13. Doktor

Der 13. Doktor

Jodie Whittaker

Es war ein Moment, der in die Fernsehgeschichte einging. Am Weihnachtstag 2017 verschwand das Gesicht des alten Schotten Peter Capaldi in einem goldenen Sturm, und als sich der Nebel lichtete, sahen wir in einen Spiegel. Ein Augenpaar blickte zurück, überrascht, erfreut und voller Leben. „Oh, brillant!“, rief sie, bevor sie aus der explodierenden TARDIS in den nächtlichen Himmel von Sheffield stürzte. Nach über 50 Jahren und zwölf männlichen Gesichtern hatte der Doktor die ultimative Grenze überschritten. Sie war eine Frau. Und sie hatte keine Zeit zu verlieren.


Teil I: Ein Universum voller Wunder

Sheffield Steel und der Schallschraubenzieher

Der dreizehnte Doktor landete nicht sanft. Sie krachte durch das Dach eines Zuges in Sheffield. Ohne TARDIS, ohne Gedächtnis und ohne ihren Schallschraubenzieher musste sie sich neu erfinden. Und das tat sie mit einer praktischen „Ärmel hochkrempeln“-Mentalität.

Sie war kein aristokratischer Time Lord, der von oben herab predigte. Sie war eine Bastlerin. Sie schmiedete ihren neuen Schallschraubenzieher aus Sheffield-Stahl in einer Fabrik selbst. Ihr Outfit – ein langer grauer Mantel, hoch taillierte blaue Hosen, Hosenträger und ein regenbogenfarbenes Shirt – war praktisch, bequem und drückte ihre Philosophie aus: Jeder ist willkommen, und das Leben ist bunt.

Dieser Doktor war pure Energie. Sie war offen, demokratisch und entschuldigte sich oft („Sorry, halbe Stunde zu spät!“). Sie wollte keine einsame Göttin sein. Sie suchte Verbindung. Sie wollte Teil einer Familie sein.

Die „Fam“: Nie wieder allein

Wo frühere Doktoren oft eine klare Hierarchie hatten (Doktor und Begleiter), etablierte der dreizehnte Doktor eine flache Struktur. Sie sammelte eine ganze Gruppe um sich: Ryan Sinclair, einen jungen Mann mit Dyspraxie, der seinen Platz im Leben suchte; Yasmin „Yaz“ Khan, eine junge Polizistin, die mehr wollte als nur Parktickets zu schreiben; und Graham O’Brien, einen Busfahrer im Ruhestand, der um seine Frau Grace trauerte.

Sie nannten sich „die Fam“ (Familie). Für den Doktor war dies der Anker. Sie hatte Angst vor dem Alleinsein. Sie versteckte ihre dunklen Geheimnisse und ihre Jahrtausende an Schmerz hinter einem ständigen Lächeln und plappernder Begeisterung. Sie war die Freundin, die immer für andere da ist, aber nie über sich selbst spricht, weil sie Angst hat, dass die anderen weglaufen könnten, wenn sie die Wahrheit sähen.

Historische Gerechtigkeit und kosmische Bedrohungen

Ihre Abenteuer waren oft tief in der menschlichen Geschichte verwurzelt, aber mit einem neuen Fokus auf soziale Gerechtigkeit. Sie trafen Rosa Parks in Alabama und stellten sicher, dass die Geschichte ihren Lauf nahm, auch wenn es schmerzhaft war, tatenlos zuzusehen. Sie besuchten die Teilung Indiens („Dämonen in Punjab“) und die Hexenverfolgungen in England. Der Doktor zeigte hier ihre empathische Seite; sie kämpfte nicht mit Waffen, sondern mit Wissen und Mitgefühl.

Doch das Universum schlief nicht. Sie kämpfte gegen die Daleks (die sich diesmal in einem Lagerhaus aus Schrott selbst zusammenbauten), gegen die Cybermen und neue Monster wie den „Pting“ (ein niedliches, aber unzerstörbares Wesen, das Energie frisst).

Das Zeitlose Kind: Die Erschütterung der Identität

Alles änderte sich, als der Master zurückkehrte. Diesmal trug er das Gesicht von Sacha Dhawan und war manischer und grausamer als je zuvor. Er vernichtete Gallifrey erneut, aber nicht aus Kriegslust, sondern aus Wut über eine Lüge.

Er offenbarte dem Doktor ihre wahre Herkunft: Sie war keine gebürtige Gallifreyanerin. Sie war das „Zeitlose Kind“ (Die zeitlosen Kinder), ein Wesen aus einer anderen Dimension, gefunden von einer Forscherin namens Tecteun. Sie war die Quelle der Regenerationsfähigkeit, die die Time Lords ihr gestohlen und in ihre eigene DNA kopiert hatten. Der Doktor hatte unzählige Leben vor dem „Ersten Doktor“ gelebt, an die sie sich nicht erinnern konnte.

Diese Enthüllung stürzte den Doktor in eine tiefe Identitätskrise. Alles, was sie über sich wusste, war falsch. War sie noch der Doktor?

Es war eine Version von Jo Martin (einem vergessenen früheren Doktor), die ihr in der Matrix die Antwort gab: Es spielt keine Rolle, woher du kommst. Es zählt nur, was du tust.

Der Fluss und das Ende

In ihrer letzten großen Staffel musste sie sich dem „Flux“ stellen, einer Anomalie, die das halbe Universum auslöschte. Es war ein chaotischer Kampf ums Überleben gegen Sontaraner, Weinende Engel und die kosmischen Wesen Swarm und Azure.

Am Ende siegte sie, aber der Preis war hoch. Der Master hatte einen letzten Plan. Er zwang sie zu einer Regeneration, um ihren Körper zu übernehmen. Zwar konnte Yaz sie mit Hilfe von alten Freunden (Tegan und Ace) zurückholen, aber der Prozess war tödlich. Ein mächtiges Wesen, der Qurunx, verletzte den Doktor tödlich.

Ihr Abschied war wunderschön und ruhig. Sie genoss einen letzten Sonnenaufgang mit Yaz auf dem Dach der TARDIS und aß ein Eis. Sie war nicht wütend wie der Zehnte oder verzweifelt wie der Zwölfte. Sie war dankbar.

„Ein ganzes Universum wartet auf dich“, flüsterte sie ihrem nächsten Ich zu. „Ich habe niemanden mehr geliebt als dich.“

Mit den spielerischen Worten „Tag, du bist dran!“ (Tag, you’re it!) breitete sie die Arme aus und regenerierte.


Teil II: Jodie Whittaker – Die Pionierin

Ein Mädchen aus Yorkshire

Jodie Auckland Whittaker wurde am 17. Juni 1982 in Skelmanthorpe, Yorkshire, geboren. Sie war kein Kind des Showbusiness. Sie war bodenständig, laut, lustig und, wie sie selbst zugibt, in der Schule nicht besonders akademisch veranlagt. Sie war eher der Klassenclown.

Im Gegensatz zu Tennant oder Capaldi war sie kein Doctor Who-Fan. Sie wuchs in den Jahren auf, als die Serie nicht lief. Science-Fiction war nicht ihre Welt. Sie wollte emotionale, realistische Geschichten erzählen.

Der Weg über den Strand von Broadchurch

Nach ihrem Schauspielstudium an der Guildhall School of Music and Drama machte sie sich schnell einen Namen als ernsthafte Charakterdarstellerin. Ihr Debüt im Film Venus an der Seite von Peter O’Toole brachte ihr Lob ein. Im Kultfilm Attack the Block kämpfte sie gegen Aliens (ironischerweise an der Seite von John Boyega).

Doch der Schlüssel zur TARDIS lag in der Serie Broadchurch. Dort spielte sie Beth Latimer, eine Mutter, die um ihren ermordeten Sohn trauert. Die Serie war ein Phänomen. Der Autor war Chris Chibnall, und ihr Co-Star war David Tennant. Chibnall, der als neuer Showrunner für Doctor Who auserkoren war, sah in Jodies Darstellung von Trauer und Stärke genau das, was er suchte. Er wollte jemanden, der emotionale Tiefe mit Humor verbinden konnte.

Das Casting unter dem Codenamen „Clooney“

Als Chibnall sie fragte, ob sie vorsprechen wolle, war sie überrascht. Sie musste sich durch drei Auditions kämpfen. Um die Geheimhaltung zu wahren, wurde sie in allen E-Mails und Dokumenten als „The Clooney“ bezeichnet (da George Clooney als Inbegriff einer Ikone galt).

Whittaker ging an die Rolle heran, ohne die alten Folgen zu schauen. Chibnall riet ihr: „Ich will nicht, dass du jemanden imitierst. Ich will deine Energie.“

Der Sturm bricht los

Die Bekanntgabe im Juli 2017, direkt nach dem Wimbledon-Finale, ließ das Internet explodieren. Ein Kapuzenpullover wurde zurückgezogen, und eine Frau war zu sehen.

Die Reaktionen waren gespalten. Viele feierten es als überfälligen Schritt. Mädchen auf der ganzen Welt jubelten. Andere reagierten mit toxischem Hass und behaupteten, die PC-Kultur würde ihre Kindheit zerstören.

Jodie Whittaker reagierte darauf mit bemerkenswerter Klasse. Sie sagte: „Ich möchte den Fans sagen, dass sie keine Angst vor meinem Geschlecht haben sollen. Das ist eine aufregende Zeit, und Doctor Who repräsentiert alles, was an Veränderung aufregend ist.“

Die Mutter der Kompanie

Am Set war Jodie Whittaker bekannt für ihre unglaubliche Energie. Sie war laut, sie lachte ständig, und sie sorgte dafür, dass sich jeder Gaststar willkommen fühlte. Sie führte eine Politik der offenen Tür am Set ein. Sie nahm ihre Rolle als Vorbild sehr ernst, besonders gegenüber Kindern. Videos, in denen sie kleinen Mädchen erklärt, dass sie alles werden können, gingen viral.

Ihre Freundschaft mit Mandip Gill (Yaz) und Tosin Cole (Ryan) war echt. Sie wohnten während der Dreharbeiten teilweise zusammen und wurden auch privat eine „Fam“.

Ein Abschied in Freundschaft

Jodie Whittaker und Chris Chibnall hatten einen Pakt geschlossen: „Drei Staffeln und wir gehen.“ Sie hielten sich daran. Die Dreharbeiten zu ihrer letzten Staffel waren brutal, da sie mitten in der COVID-19-Pandemie stattfanden. Masken, Abstandsregeln, die Angst vor Infektionen – all das machte die Produktion von Doctor Who: Flux zur härtesten Herausforderung ihrer Karriere.

Dass sie es durchzog, oft von ihrer Familie getrennt, zeigte ihre Hingabe.

Das Vermächtnis

Jodie Whittaker hat die gläserne Decke zertrümmert. Sie hat bewiesen, dass der Doktor kein Geschlecht hat. Der Doktor ist eine Idee, ein Ideal.

Sie hat die Tür geöffnet für alles, was danach kommt. Ohne sie wäre der Weg für Ncuti Gatwa vielleicht noch verschlossen gewesen. Sie wird in die Geschichte eingehen als die Frau, die mutig genug war, als Erste zu springen – und die uns lehrte, dass Hoffnung die stärkste Kraft im Universum ist.


 

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