Doctor Who
„Boom“
Erstausstrahlung: 18. Mai 2024
Drehbuch: Steven Moffat
Regie: Julie Anne Robinson
Produktion: Russell T Davies, Julie Gardner, Jane Tranter,
Joel Collins, Phil Collinson, Julie Anne Robinson, Steven Moffat
& Vicki Delow
Der Doktor: Ncuti Gatwa
Ruby Sunday: Millie Gibson
Mitten in einem verheerenden Krieg auf Kastarion 3 sitzt der Doktor in der Falle, als er auf eine Landmine tritt. Kann er sich selbst, Ruby und den ganzen Planeten retten… ohne sich zu bewegen?
Er ist wieder da! Als wolle man alle alten Stärken wieder ausspielen, holt man für die neue Staffel von Doctor Who gleich noch einen alten Showrunner zurück! Steven Moffat, der sich für die kompletten Matt Smith und Peter Capaldi Jahre verantwortlich zeigte und nebenbei mit „Das leere Kind„, „Nicht blinzeln“ oder „Der Tag des Doktors“ einige der größten Highlights der Doctor Who Geschichte geschrieben hat, gibt sich die Ehre und schrieb mit „Boom“ ein Drehbuch für die neue Staffel. Doch kann er damit an alte Erfolge anknüpfen?
Ja und nein, ist tatsächlich die Antwort. Im Grunde genommen schafft es Moffat definitiv, daran zu erinnern, warum er einer der besten und beliebtesten Doctor Who-Autoren ist, aber gleichzeitig auch, dass er selten wirklich über sich hinauswächst. Vieles in „Boom“ trägt so deutlich Moffats Handschrift, dass es auch problemlos mit einem anderen Doktor und Begleiter seiner Schaffensperiode so hätte erscheinen können. Eine einfache Prämisse, viele schnelle Dialoge, plötzliche Tode, Stimmen aus dem Jenseits, Liebe als Heilmittel, gläubige Soldaten, Krieg ist böse … all das klingt nach Moffats Evergreens. Und was der Mann wirklich beherrscht, ist vor allem, aus kleinen Situationen, an die sonst niemand denkt, alles herauszuholen.
So dreht sich fast die gesamte Folge nur darum, wie der Doktor auf einer Landmine steht und einerseits einen Weg finden muss, diese zu entschärfen und andererseits das Chaos um ihn herum zu beruhigen. Dass dieses Setting funktioniert und nicht langweilig wird, ist vor allem Moffats Gespür für Dramaturgie und gut geschriebene Dialoge und Interaktionen zu verdanken. Leider werden dadurch die etablierten Charaktere etwas verwaschen. Denn wenn Ruby sich weigert, auf den Doktor zu hören und lieber ihr eigenes Leben riskiert, um ihn zu retten, oder wenn der Doktor Selbstgespräche führt und andere mit einem hochtrabenden Gebrabbel niedermäht, das ihn als besonders clever darstellen soll, dann könnte man meinen, diese Folge sei explizit für den elften Doktor und Clara geschrieben worden. Zu der fröhlichen Ruby und dem emotional warmherzigen fünfzehnten Doktor passt dieses Verhalten eher weniger und wirkt daher etwas aufgesetzt.
Auch bei den Nebenfiguren und ihren Handlungen werden vor allem Handlungsstränge abgespult, die schon in der Vergangenheit gut funktioniert haben. Die (gut)-gläubigen Soldaten im sinnlosen Krieg, das heimliche Pärchen, das sich seine Liebe gesteht, nur damit einer von beiden gleich darauf stirbt, das nervige Kind, das für sein gezeigtes Verhalten definitiv zu alt ist und natürlich die menschliche KI mit Seele aus dem Jenseits, die den Tag rettet – wer da nicht sofort an Folgen wie „Tödliche Stille„, „Tod im Himmel“ oder „Das leere Kind“ denkt, ist wohl ein neuer Zuschauer. Aber genau die will man mit der als „Staffel 1“ betitelten 14. bzw. 40. Staffel erreichen. Spielt es eine Rolle, dass hier eigentlich nichts Originelles drin ist, wenn das, was drin ist, altbewährt ist und funktioniert?
Denn abgesehen von ein paar negativen Eindrücken, wie dem Kind, das entweder für eine 5-jährige Schauspielerin geschrieben und mit einer viel zu alten Schauspielerin besetzt wurde, oder einfach nur hirnamputiert sein muss, dem vorhersehbaren Twist und der doch recht offensichtlichen und schmalzigen Botschaft inklusive Friede, Freude, Eierkuchen-Ende, ist dies definitiv eine der besten Folgen der letzten Jahre. Vielleicht wollte man sich auf alte Stärken besinnen, anstatt besonders originell zu sein, aber am Ende ist es dann doch schade, dass es nur etwas Aufgewärmtes statt etwas Neues ist.
Besonders interessant ist aber auch die Besetzung, denn die Darstellerin von Mundy Flynn wird von Varada Sethu gespielt, die in der kommenden zweiten Staffel als neue Begleiterin mit dem Doktor und Ruby reisen wird – allerdings in einer wahrscheinlich neuen, noch unbekannten Rolle, die vielleicht, vielleicht aber auch nicht, etwas mit Mundy zu tun hat. Wenn man sich diese Episode jetzt anschaut, wirkt Mundy auch nicht besonders herausragend, dass man sofort einen zukünftigen Begleiter im Kopf hat, aber das ist ja lustigerweise auch etwas, was Moffat damals mit Clara gemacht hat, die, bevor sie Begleiterin des Doktors wurde, einen Auftritt als „Oswin Oswald“ hatte. Es bleibt abzuwarten, ob Russell T Davies sich nun für die Neue an des Doktors Seite davon inspirieren hat lassen. Der Rest der Besetzung ist zweckdienlich und nur Susan Twist, die seit den Jubiläumsspecials in jeder neuen Folge mitspielt, bleibt als Rätsel in besonderer Erinnerung. Was es genau mit ihren vielen verschiedenen Charakteren auf sich hat und warum sie dem Doktor immer wieder in den unterschiedlichsten Zeiten und Welten begegnet, ist wohl eines der vielen Rätsel, auf deren Auflösung wir noch warten müssen.
Die klare Botschaft, dass Krieg böse ist und nur denen nützt, die finanziell davon profitieren, und natürlich, dass Liebe den Tag retten kann, auch wenn sie aus dem Jenseits kommt, ist abgedroschen, aber ebenso wie die Darsteller dieser Episode absolut zweckdienlich. Aber muss man wirklich ständig an Dinge erinnert werden, die man eigentlich schon weiß? Zumindest weiß die Folge nicht nur mit Spannung, sondern auch mit Emotionen zu punkten. Auch wenn einiges an den Charakteren, wie sie bisher gezeigt wurden, vorbeischrammt, kauft man dem Doktor die Sorge um sich, Ruby und den Planeten (der natürlich direkt auf dem Spiel steht) ab und kann sich so besser auf die Story einlassen. Natürlich bekommen wir auch einen weiteren Hinweis darauf, dass an Ruby etwas Besonderes ist, denn trotz ihres Flehens und Bittens kann ihr der Computer nichts über ihre nähere Verwandtschaft sagen und natürlich taucht auch der Schnee vom Tag ihrer Geburt wieder auf. Eine gewisse Kontinuität zu den vorherigen Episoden ist also doch gegeben.
Fazit
Keine herausragende, aber eine gute Folge, die Steven Moffat hier für den fünfzehnten Doktor gezaubert hat. Man besinnt sich auf alte Stärken und wiederholt vieles, was die Doktoren 9-12 schon erlebt haben. Aber verpackt in ein interessantes Kammerspiel-Setting, mit klarer (wenn auch abgedroschener) Botschaft und guten Dialogen kommen alte Fans hier auf ihre nostalgischen Kosten und können sich an Zeiten erinnern, als Doctor Who noch frisch und innovativ wirkte, während neue Fans die Serie vielleicht so lieben lernen, wie sie es verdient hätte. Oder auch nicht.
Bewertung: 3,5 von 5 TARDISse
Wichtige Links zu der Folge:
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Die erste recht gute Folge dieser neuen Staffel. Auch wenn es gewisse Logiklöcher und Fehler gibt, gute Story und ein gewisser Spannungsbogen. Auch wenn es etwas nervig ist, dass gewisse Charaktere, inkl. einer Begleiterin, ihren eigenen Willen durchsetzen und niemand auf den anderen mal einfach hört. Insgesamt auch eine nette Methapher dass heutzutage von zu vielen Leuten alles blind geglaubt wird ohne mal selber zu hinterfragen: kann das sein? Liege ich richtig? Gibt es eine andere Wahrheit hinter all dem? (egal ob die richtig sein mag oder nicht). Heutzutage wird einem soviel durch das System vorgekaukelt und gepredigt, dass es… Mehr lesen »